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Autorenempfehlung Terry Pratchett

Terry Pratchett ist in meinen Augen einer der besten Schriftsteller unserer Zeit, wobei ich mit meiner Meinung nicht allein stehe. Viele namhafte Kritiker und Zeitungen beschreiben seine Bücher als "außergewöhnlich", "poetisch" oder einfach nur als "zum Totlachen komisch".
Auf seiner Romanwelt, der Scheibenwelt, bewertet er Dinge neu und anders, betrachtet Situationen aus anderen Perspektiven und gibt dem Leser Möglichkeiten, Gefühle auf die Figuren zu projizieren und so auf eine gewisse Art und Weise im Buch mitzuwirken. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist die Hexe namens Esmeralda Wetterwachs, meist nur Oma Wetterwachs genannt. Ihr tiefgründiger Charakter ist auf jeden Fall eine Basis für Pratchetts Geschichten. Durch das Benutzen eines bestimmten Schreibstils schafft es Pratchett, die Stimmung des Lesers genau der von Oma Wetterwachs anzupassen. Man fühlt, denkt, handelt und sieht wie sie, betritt durch sie eine andere Welt.
Im Buch "Ruhig Blut" erleidet man mit ihr Todesqualen, als sie sich fast in einen Vampir verwandelt, dann aber doch noch zur guten Seite zurückfindet. Sie hätte auch zur bösen Seite wechseln können.
Hier sticht wieder eine Stärke Pratchetts hervor. Er grenzt Gut und Böse nicht ab, sondern versucht, es zu vermischen, aus dieser Mischung Charaktere zu formen wie Oma Wetterwachs. Er erschafft Bindeglieder zwischen Schwarz und Weiß die Vampire, für die es weder "gut" noch "böse" gibt. Durch geschickt eingebaute Pointen kann er ein ansonsten für den Durchschnittsleser schwer verdauliches Problem leichter gestalten.
So wirkt die Schwarz-Weiß-Landschaft, in der das Haus von Tod, dem Tod der Scheibenwelt, steht, nicht mehr ganz so kühl und angsteinflößend, wenn man erfährt, daß Tod des öfteren seine am Haus lebenden Bienen versorgt, ihren pechschwarzen Honig abholt oder mit seiner Enkelin Susanne auf dem Knochenpferd namens Binky über schwarze Hügel reitet.
Pratchett hat nicht verlernt, Geschichten zu erzählen. Fast alle belletristischen Genres wurden von ihm schon auf die Scheibenwelt geholt, mit den dortigen Charakteren und dortigen Ansichten scheinbar neu erschaffen und ummodelliert.
Egal ob Krimis wie "Helle Barden", Abenteuergeschichten wie "Heiße Hüpfer" oder "Total verhext", leicht schnulzige Heldenromane à la "Voll im Bilde" oder Horrorgeschichten wie "Ruhig Blut" - ein Stück Parodie, ein wenig Ernsthaftigkeit und viel Liebe zu den Charakteren und zur Ausgestaltung stecken in jedem Werk von Pratchett. Nie wirkt irgend etwas schludrig oder unüberlegt.
Besonders der Plot des Buches "Voll im Bilde" zeigt, wie durchdacht und verstrickt Pratchetts Romane sind: Durch geschickte Steuerung der Hauptfiguren parodiert er am Ende des Buches den Film King Kong, indem er eine riesige Frau mit einem kleinen Affen auf das höchste Gebäude der Scheibenwelt klettern läßt und so den Leser selbst in einer spannenden Situation noch zum Lachen bringt.
Pratchett kann schon allein durch die Charakterstärke seiner Figuren überzeugen, die kuriosen und abwechslungsreichen Handlungen ergeben mit diesen Eigenschaften eine vorzügliche Mischung, die man sich nicht entgehen lassen sollte.