Abruf

Buchvorstellung "Lauf, Jane, lauf!" von Joy Fielding

"An einem Nachmittag im Frühsommer ging Jane Whittaker zum Einkaufen und vergaß, wer sie war..." So beginnt eines der wenigen Bücher, die ich las, doch zugleich auch eines, welches mir am Besten gefallen hat. Die Autorin beschreibt in diesem Psychothriller den Alptraum einer Frau, die ihr Leben nach einem Gedächtnisverlust wieder ordnen muss. Sie steht auf der Straße in Mitten einem Gewühl von Menschen, sie laufen an ihr vorbei, beachten sie nicht. Doch niemand weiß, was in diesem Moment in Jane vorgeht. Sie weiß, wer der Präsident von den Vereinigten Staaten ist, aber sie weiß nicht, wer sie ist. Sie weiß, wie die Straße heißt, in der sie steht, aber sie weiß nicht, warum sie hier steht. Der erste Schritt, den sie macht, führt auf eine Toilette zu, wo sie sich erst einmal vor einem Spiegel stellt und sich anschaut. Auf diesen Seiten beschreibt sie sich selbst, als wäre sie eine fremde Person, die sie auf der Straße sieht. Sie fasst sich in ihr Gesicht und in ihr verstärkt sich dieses Gefühl der Fremde zu umgehen und sich kennen zu lernen. Doch sie wird schon bald merken, dass das nicht an einem Tag getan ist. So wie sie sich selber vorkommt, kommen ihr auch ihre Freunde und ihre Familie vor, die eigentlich aus einem Leben vor Janes Zeit stammen. Freunde, die sie sich nie zu Freunden gemacht hat. Das war Jemand anderes, denn sie kann sich nicht mehr daran erinnern.

Ihr angeblicher Mann ist ihr genauso fremd, wie jeder andere Mensch auf der Straße ihr fremd ist. Sie alleine in einer Welt, der sie sich zuerst fast ohnmächtig hingibt. Eine Welt, in der jeder alles mit ihr machen kann. Es werden ihr Medikamente gegeben, die ihr helfen sollen, doch diese machen sie nur müde. Es werden ihr Leute vorgestellt, die ihre innigsten Verwandten und Freunde sein sollen, doch sie kennt sie nicht. Und ein Hoffnungsschimmer, in den sie alle ihre Energien setzt, sie erinnert sich an ihre gemeinsame Tochter, doch diese soll tot sein. Doch so langsam löst sich die starke Jane aus dieser Ohnmacht und stellt selber Nachforschungen an, die ihr die einzige Frage beantworten sollen: Warum? Einzelne Puzzelteile erfährt sie auf diesen Nachforschungen, die für sich allein genommen für Jane unbedeutend sind, doch zusammengesetzt ergeben diese Teile ein Bild. Ein Bild, welches einzig und allein ihre Vergangenheit ist. Welches ihr die Wahrheit zeigen soll, doch diese Wahrheit verängstigt und schreckt Jane auch ab.

Genau diese Gefühle, die Jane in dieser Zeit fühlen muss, werden von der Autorin Joy Fielding aufs Beste beschrieben und "verarbeitet". Zuerst fühlt Jane Verzweiflung und auch Schuldgefühle plagen sie. Alle Menschen opfern sich für sie auf, doch sie gibt ihnen immer wieder einen Schlag ins Gesicht, in dem sie diesen Menschen sagt, dass sie sich nicht mehr an sie erinnert. Sie ist Schuld, dass diese Menschen dann traurig sind und sogar weinen, aber was kann sie dafür? Unwissenheit, aus der dann eine gewisse Passivität wird, kommen dann über Jane, als sie wieder in ihrem Haus mit ihrem Mann wohnt. Sie sagt nicht, was sie will. Für sie ist das richtig, was die anderen mit ihr machen. Diese massive Passivität verwandelt sich langsam in massive Angst, die zu Misstrauen und zu ausgedachten Mordversuchen übergeht.