Abruf

Bundestag, Brandenburger Tor und dicke Schals

Die Vorfreude war groß, als sich kurz vor der alljährlichen Berlin-Fahrt des 10. Jahrgangs endlich die Sonne zeigte und der Frühling sich ankündigte – aber wie sollte es auch anders sein, natürlich kam der Winter genau dann zurück, als wir nach Berlin losfuhren… Also sind wir am 7. März mit für diese Jahreszeit ungewöhnlich dicken Klamotten aufgebrochen, was uns allerdings nicht davon abhielt, uns auf die Exkursion zu freuen und mächtig gespannt zu sein, vor allem, da einige von uns vorher noch nie in Berlin waren.

Den ersten Halt machten wir auf halber Strecke beim ehemaligen DDR-Grenzübergang Marienborn. Als wir über das Gelände liefen, bekamen wir wieder einmal einen Eindruck von der Dimension, in der solche Anlagen damals gebaut wurden. Es ist schwierig, sich vorzustellen, dass dieselbe Autobahn, über die wir heute „einfach so“ mit dem Bus fahren können, zu DDR-Zeiten komplett gesperrt war, dass kein einziges Auto dort entlang fuhr. Schließlich ist es für uns heute – zum Glück – wieder eine Selbstverständlichkeit, dass wir ungehindert zwischen „Ost“ und „West“ hin und her fahren können. Außerdem bekamen wir in Marienborn noch die Gelegenheit, uns von innen anzusehen, wie bei den Kontrollen gearbeitet wurde. Uns wurde klar: Hier kam keiner über die Grenze, der nicht auch die Erlaubnis dazu hatte.

Nachdem wir also das erste Mal durchgefroren waren, ging es nun weiter zum eigentlichen Ziel: Berlin! Diejenigen von uns, die Berlin noch nie gesehen haben, schwankten zwischen Ernüchterung („Das ist ja wie Hamburg, nur in groß“) und Sich-die-Nase-an-der-Scheibe-Plattdrücken, wenn wir an Sehenswürdigkeiten wie der Siegessäule oder dem Schloss Bellevue vorbeigefahren sind. Nach einem mehr oder weniger kurzen Zwischenstopp in unserem Hostel, das praktischerweise direkt am Hauptbahnhof lag, erkundeten wir schließlich erst einmal die „große Stadt“. Teilweise im Klassenverband und teilweise in Kleingruppen waren die ersten Ziele natürlich der Bundestag und das Brandenburger Tor, wo einige von uns unerwartet Darth Vader über den Weg liefen… Gegen Abend wurden wir dann im Bundestag erwartet und mussten erst einmal durch die Sicherheitskontrollen laufen, bevor wir den Plenarsaal besichtigen durften. Es war schon irgendwie toll, das „Herzstück der deutschen Demokratie“ einmal live und in Farbe zu sehen, auch wenn gerade keine Bundestagsdebatte stattfand. Wir haben aber eine Menge über den Bundestag erfahren – ob es nun um politisch wichtige Dinge wie die Sitzverteilung ging oder uns erklärt wurde, dass die deutsche Flagge, die im Plenarsaal hängt, niemals den Boden berühren darf… Weil es ja nun schon kein Frühling geworden war, haben wir natürlich auch noch einen Tag erwischt, an dem die Fensterputzer in der Kuppel des Bundestags arbeiteten und der Bundestagsabgeordnete unseres Wahlkreises, Henning Otte, außer Haus war. Wir sind wirklich Glückspilze… Darüber tröstete uns dann allerdings die Aussicht von der Dachterrasse hinweg, denn wir hatten eine ziemlich gute Sicht auf das nächtliche Berlin. Nach dem zweiten Durchfrieren waren wir dann aber alle froh, als wir wieder im Hostel waren.

Der Freitag begann nach einem guten Frühstück mit einer Führung durch die Mauergedenkstätte in der Bernauer Straße, die uns wirklich beeindruckte: Hier hat man es geschafft, einen Eindruck der ehemaligen Maueranlagen zu vermitteln und uns die damalige Zeit mit allen ihren Problemen wirklich ein bisschen näher zu bringen. Für die Klasse 10d dürfen wir hier hoffentlich einmal erwähnen, dass wir einen Referenten hatten, der die Aussage der Gedenkstätte wirklich gut verdeutlicht hat. Wenn nur dieses Wetter nicht gewesen wäre… Nach kurzem Aufwärmen besichtigten wir dann als Nächstes das ehemalige Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen. Wie auch schon in der Bernauer Straße und in Marienborn war es ein komisches Gefühl, dass wir uns frei und ohne Angst in den Mauern des ehemaligen Gefängnisses bewegen können, in dem zu DDR-Zeiten Menschen auf grausamste Art und Weise gefoltert wurden. Was wäre heute an dieser Stelle, wenn es noch immer zwei deutsche Staaten geben würde? Man mag es sich ehrlich gesagt gar nicht vorstellen.

Am Freitagabend stand dann der Klassenabend auf dem Programm, der unsere Gedanken weg von den Geschehnissen der deutsch-deutschen Geschichte führte. Bis auf die 10c, die ein Jazzkonzert besuchte, gingen alle Klassen in die Oper „Madama Butterfly“, die im Schiller-Theater aufgeführt wurde. Davor widmeten sich die 10b und 10d jedoch noch einem wichtigen menschlichen Grundbedürfnis: Essen! Wir hatten ein Buffet in der Schiller-Klause gebucht und bekamen somit die Gelegenheit, einmal in einem urigen Berliner Gasthaus zu essen (siehe Fotos), was wirklich Flair hatte. Das kleine, recht verwinkelte Restaurant war mit unserem halben Jahrgang ziemlich gut gefüllt – das waren wir aber auch, nachdem wir unseren Hunger unter anderem an Nudelsalat, Kartoffelspalten und Hühnchen gestillt hatten. Und darüber hinaus sah man Herrn Krakau, der seiner Ankündigung „Bratwurst zum Frühstück! Da roll ich voll los!“ ja leider nicht nachkommen konnte, weil es im Hostel keine Bratwurst gab, dann als einen der ersten zum Essen laufen… Es waren also letztendlich alle zufrieden. In der Oper stieß dann auch noch die 10a zu uns, und man muss ja sagen, wir hatten ziemlich gute Plätze. Nach diesem kulturellen Aspekt unserer Berlin-Fahrt ging es dann – teilweise barfuß, weil man sich mittlerweile der drückenden Schuhe entledigt hatte, und bei immer noch ziemlich niedrigen Temperaturen – zurück ins Hostel.

Nach dem Frühstück mussten wir am Samstagmorgen leider auch schon wieder packen und hatten dann den Rest des Vormittags Freizeit. Es war am Anfang gar nicht so einfach, sich in den Stadtplänen zurechtzufinden – Berlin ist eben doch ein bisschen größer als Celle oder Hannover… Zu guter Letzt ist dann aber wohl jeder dort gelandet, wo er auch hinwollte. Es waren zum Beispiel einige Gruppen im KaDeWe, und auch die Souvenirläden waren ein beliebtes Ziel. Die meisten haben sich dann auch noch für die Heimfahrt mit reichlich Essen eingedeckt. Und so ging es Samstagnachmittag dann ziemlich durchgefroren, müde und mit plattgelaufenen Füßen, aber vor allem mit vielen neuen Eindrücken aus der Hauptstadt im Gepäck zurück ins heimische Celle.