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Interview: Das polnische Andrejkifest

Herr Saflarszki ist ein polnischer Sprachassistent und somit gut für dieses Interview geeignet.

Svenja: Guten Tag, Herr Saflarszki. Könnten Sie uns einige Auskünfte über den in Polen gefeierten Andrejki geben?
Herr Saflarszki: Gewiss!
Svenja: Wann wird dieser Tag offiziell in Polen gefeiert?
Herr Saflarszki: Er wird am 30.11. gefeiert.
Svenja: Könnten Sie uns etwas über die Entstehung dieses Festtages erzählen?
Herr Saflarszki: Dieser Tag wird gefeiert, weil dies die letzte Gelegenheit ist, vor der Adventszeit noch einmal ordentlich zu feiern und zu tanzen. Der Papst Johannes hat vorgeschrieben, dass in der Adventszeit keine Tanzfeste mehr gefeiert werden dürfen. Diese Zeit soll ruhig verlebt werden und auf den heiligen Abend vorbereiten.
Svenja: Warum nennt man diesen Tag "Andreastag"?
Herr Saflarszki: Das Tanzfest zur Vorbereitung auf die Adventszeit hat nichts mit dem eigentlichen Andrejki zu tun. Man nennt diesen Tag nur so, weil der Andreastag zufällig auch an diesem Tag gefeiert wird. Der 30.11. wurde mit diesem Namen benannt, weil an diesem Tag noch ein zweites besonderes Ereignis stattgefunden hat. Der Schutzheilige Andreas von Schottland und Russland wurde an das Andreaskreuz geschlagen. Ungefähr am Anfang des ersten Jahrhunderts. Für die römisch-katholischen Polen hat dieses Ereignis keine Bedeutung, im Gegensatz zu den Schotten und Russen.
Svenja: Ist diese Tradition in einigen Teilen Polens besonders ausgeprägt?
Herr Saflarszki: Ja, dieses Fest wird in Form eines Volksfestes, meist auf dem Lande, gefeiert. Ich komme aus Süd-Polen, und dort ist es noch ziemlich populär.
Svenja: Was wird dort am Andrejki gefeiert?
Herr Saflarszki: Viele, meist junge Leute, kommen auf dem Land zusammen, singen, tanzen und sind fröhlich. Eine sehr wichtige Frage für die Jugendlichen steht im Vordergrund: "Wann werde ich heiraten?" Und auch nur deshalb gehen sie dorthin, um auf diese Frage eine Antwort zu finden. Es ist eine alte Tradition, durch wahrsagerische Spiele, die Zukunft der Menschen in Punkto Heirat vorauszusagen.
Svenja: Was sind das für Spiele?
Herr Saflarszki: Das wohl bedeutendste Spiel ist das Wachsfiguren gießen. Dabei werden eine brennende Kerze und ein Schlüssel über einen mit kaltem Wasser gefüllten Teller gehalten. Das flüssige Wachs tropft durch das Schlüsselloch in den Teller und wird dort gehärtet. Es entsteht irgendeine Wachsfigur, die ihren Schatten auf eine Wand wirft. Diese Figur gilt es dann zu deuten.
Svenja: Gibt es darüberhinaus noch weitere wahrsagerische Spiele, zum Beispiel Karten legen oder aus der Hand lesen? Diese sind nämlich bei uns in Deutschland die Mittel zur Wahrsagung der Zukunft.
Herr Saflarszki: Ja, Patience legen oder Kabala, das sind Kartenspiele. Aus der Hand lesen gibt es in dieser Form in Polen nicht.
Svenja: Wir haben gehört, es soll auch einen Drei-Becher-Brauch geben.
Herr Saflarszki: Ja, genau! Dieser Brauch ist wirklich lustig. Es werden drei Becher auf eine Unterlage verkehrt herum gestellt. Darunter liegen entweder ein Myrteblatt, ein Ring oder eine Nadel. Die Becher werden nun hin und her geschoben und ein Teilnehmer hebt einen Becher hoch. Wenn ein Myrteblatt darunter liegt, bedeutet dies, dass die Teilnehmerin oder der Teilnehmer als Jungfer sterben wird. Der Ring bedeutet, dass Der- oder Diejenige heiraten wird, und die Nadel besagt, dass der Betroffene als Hausfrau bzw. als Hausmann enden wird.
Svenja: Der Andrejki scheint wirklich ein sehr interessanter und lustiger Tag zu sein. Ich danke Ihnen ganz herzlich für dieses Interview.

Quellennachweis:
Herr Saflarzki, polnischer Sprachassistent
Microsoft Encarta 98