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Kurzgeschichte "Ewigkeit"

Sie war alt, selbst für eine Bewohnerin der Steppe. Sicher, ihr Volk hatte es gut, denn die beiden Flüsse hatten ihnen ein reiches Land geschenkt, aber sie hatte auch oft Hunger gehabt, wenn die Männer nichts von der Jagd zurückbringen konnten. Dennoch hatte sie nie Grund zum Klagen gehabt, denn wem ging es schon besser? Ihr Blick fiel auf ihren Mann und ihre drei Söhne, die unter der sengenden Sonne marschierten, und ihre Gedanken wurden schwer - doch, sie hatte Grund zum Klagen gehabt, denn während des großen Hungers war ihre einzige Tochter gestorben. Und nun hatte auch einer ihrer Söhne eine Gefährtin. Bald würden sie Kinder haben... Mußten auch sie auf immer Hunger leiden?

Der Stamm erreichte das große Lager, und alle beeilten sich, die wichtigsten Arbeiten durchzuführen. Doch sie ging an die Stelle zwischen den großen Felsen, an dieselbe Stelle. Die Frauen hatten damals Pflanzen gefunden, aber es war zu spät gewesen. Sie hatte eine der Pflanzen mit ihrer Tochter vergraben, als letztes Symbol des Lebens.

Der Stamm blieb lange im großen Lager, denn dort waren sie sicher und es gab viel Wild. Und sie ging jeden Morgen und jeden Abend an die Stelle und wartete. Ein kleiner Strauch wuchs dort, und während die Monde kamen und gingen, wuchs er und trug Früchte... Und eines Tages verstand sie. Die Kinder ihrer Kinder würden keinen Hunger mehr leiden müssen...