Abruf

Nico in Israel

Hi, mein Name ist Nico, ich habe im Sommer 2013 mein Abi am KAV gemacht und weiß, wie stressig es für manche von euch gerade ist, deshalb zunächst: gutes Gelingen. Was ist der Anlass? Ich wurde gefragt, ob ich nicht ein wenig berichten könnte, wie es mir nach dem Abi ergangen ist. Ich würde meiner Ausführung gerne voranstellen, dass ich nach Ablegen der Abiturprüfungen noch nicht sicher war, was ich danach machen wollte. Eigentlich dachte ich daran, zu studieren, und das habe ich auch weiterhin vor. Nur was? Medizin? Schnitt nicht gut genug. Jura? Ja, schon eher. War beziehungsweise bin ich mir diesbezüglich sicher? Nein. Trotz Bewerbungen inklusive Zusagen an einigen Unis war es also nicht das Wahre. Das war's aber auch schon, meine Überlegung ging nicht weiter. Trotz Studienorientierungswoche und anderen Maßnahmen, die dazu bestimmt waren, uns (der Schülerschaft) dabei zu helfen, eine Entscheidung zu treffen. Dennoch wusste ich es nicht. Und ich glaube, es nicht zu wissen, ist berechtigt, denn zu wissen, was man will, ist nicht immer einfach, und zu wissen, was man in einigen Jahren will, umso schwerer. Zu Letzterem muss man aber auch – zur Beruhigung – nicht immer eine Antwort parat haben, heutzutage ist man flexibel. Heute bin ich hier, morgen in Israel.

Durch den Hinweis einer Freundin hat sich die Möglichkeit eines Freiwilligendienstes im Ausland als noch realisierbare Option offenbart. Zugegebenermaßen war die Sache etwas kurzfristig, Anmeldung Ende Juni, Bestätigung kam Mitte Juli, Abflug im August. Wieso Freiwilligendienst und wieso Israel? Dafür gibt es einige Gründe, zum einen meine Unentschiedenheit bezüglich des Studiums, zum anderen ist es die vermutlich einmalige Chance, ein fremdes Land samt Kultur, Sprache und Leuten kennenzulernen. Außerdem kriegt man schon einen kleinen Einblick ins „richtige“ Leben. Durch die Erfahrungen (unter anderem aus dem täglichen WG-Leben: wenn ihr in einer WG wohnt, seid bitte nicht diese Leute, die ihre Sachen immer nicht abspülen nach dem Essen) und Erlebnisse, die ich hier bisher sammeln durfte, bereue ich es definitiv nicht, hierhergekommen zu sein.

Ich arbeite in einer Einrichtung mit körperlich und geistig behinderten Menschen. Ich wusste nicht, ob ich damit klarkommen würde, denn obwohl meine Mutter ebenfalls in so einer Einrichtung arbeitet, war der Gedanke für mich anfangs ungewohnt. Ein Praktikum hat mir daraufhin Klarheit verschafft und mir die Furcht davor genommen.

In Israel bin ich übrigens auch nur deshalb, weil nur dort noch so kurzfristig Volontäre gesucht wurden. Normalerweise muss man sich nämlich mindestens ein halbes Jahr vorher oder früher um so etwas kümmern. In meinem Fall also Glück gehabt, verlassen kann man sich nicht darauf. Doch weil ich fest entschlossen war, es durchzuziehen, bin ich trotzdem geflogen. Außerdem ist es nicht schlecht, in seinem Leben auch mal eine körperlich anstrengende Arbeit verübt zu haben, um sich von keinem vorhalten lassen zu müssen, man hätte keine Ahnung, was „richtige“ Arbeit sei. Letztlich kann ich fast jedem so ein Jahr empfehlen, umso mehr denen, die keine Ahnung haben. (Ich glaub' fast, für diesen Satz würde eine Mitbewohnerin mich töten. Wir haben letztens darüber diskutiert und ich durfte mir anhören, dass jemand, der nicht aus rein sozialer Motivation einen Freiwilligendienst oder Sozialdienst macht, dort auch nichts verloren hat. Ich bin der Meinung, da kann man reinwachsen, wenn man sich Mühe gibt.) Denn so ein Jahr ist definitiv keine verlorene Zeit, sondern wird noch lange Zeit Einfluss nehmen auf euer Leben, durch alles, was ihr in dem Jahr auch vor allem über euch lernt, und kann bei eurer Studienentscheidung hilfreich sein. Wenn man offen und flexibel ist und mit dem Willen, egal was man macht, sein Bestes zu geben, rangeht, kann man wohl nicht viel falsch machen.