Sollte die heutzutage nicht eben wahrscheinliche Konstellation vorliegen, dass man als Schopenhauer-Leser das Juventis-Sommerkonzert miterlebt, dann dürfte eben dieser Konzertbesuch Offenbarungs- bzw. starken Bestätigungscharakter haben.
Denn der Philosoph dachte in seiner Ästhetik (WWV III, §§ 30-52) der Musik eine absolute Sonderstellung über den anderen Künsten zu, indem er jene »als eine ganz allgemeine Sprache« bezeichnete, »deren Deutlichkeit sogar die der anschaulichen Welt selbst übertrifft« (ebd., § 52). Anders als die anderen Künste sei die Musik nicht bloß Abbild von (sozusagen oberflächlicher) Erscheinung, sondern »unmittelbar Abbild des Willens [also des universellen Lebensdrangs, des innersten Wesens der Welt] selbst«; sie stelle mithin »zu allem Physischen der Welt das Metaphysische, zu aller Erscheinung das Ding an sich« dar (ebd.). Fürwahr! –:
Die Zentralachse des Französischen Gartens in seinem Rücken spürend, sitzt man also an einem Freitagabend unterm kassettierten Tonnengewölbe und zwischen den weißen Säulen, die es tragen, im klassizistischen Mittelschiff der Celler Kirche St. Ludwig – und hört die perfekt konzertierten jubelhellen Stimmen des Juventis-Vorchors und die famos facettenreichen wie kristallklaren Stimmen des Jugendchors. Und da weiß man, selbst selig, dass von weit jenseits der hiesigen Kirchenarchitektur, in den Räumen des Metaphysischen, Griesgram Arthur Schopenhauer
lächelt, ganz wie man selbst.
Dennoch flossen auch Tränen. Denn am Ende eines Schuljahres müssen die Größten, die Abiturienten verabschiedet werden. In diesem Jahr waren es fünf Abiturientinnen – Luisa Beste, Johanna Bogon, Clara Fenger, Vanessa Henkel und Adele Tiss –, und die trugen ihrem Chorleiter, Stephan Doormann, abschließend als herzliche Zueignung ein eigens von Johanna getextetes Lied vor, das diese zudem am Klavier begleitete: ein sehr schöner Moment aus Wehmut und musikgewordener Dankbarkeit.
Für ein Fazit genügt ein Wort: Hochachtung.