Abruf

Wo die Brötchen fliegen

„Du kannst deine Tasche in den Schrank hier tun und auf dem Tisch liegt eine Schürze für dich.“ Kaum durch die Tür getreten, werde ich mit allem vertraut gemacht und mir wird klar: Ja, hier werde ich wohl wirklich mit anpacken müssen.
Als ich mir vorgenommen hatte, einen Tag in der KAVerne mitzuarbeiten, hatte ich überhaupt keine Vorstellung, was mich erwarten würde. Nicht, dass ich mir das total entspannt vorgestellt habe, aber an und für sich kann das doch nicht so viel Arbeit bedeuten! Oder? Es erscheint komisch, alles so still und verlassen zu sehen – und dann noch von der anderen Seite der Theke - und es fällt schwer, sich vorzustellen, dass in nicht einmal zehn Minuten der Ansturm kommen wird. Dieser Ansturm, dem man nicht selten selbst zum Opfer fällt, weil man zum Beispiel wieder einmal sein Pausenbrot zu Hause vergessen hat.
Aber bevor es zur ersten großen Pause klingelt, unterhalte ich mich mit Regina und schon nach kurzer Zeit werde ich zur Informantin in Sachen Schulbeziehungen ernannt und erfahre selbst hoch interessante Details über gewisse Dinge, die ich aber lieber in einem extra Artikel verarbeiten werde.Auch erfahre ich, dass Regina Viohl den Hauseigenen Kiosk seit diesem Schuljahr selbstständig übernommen hat, nachdem der vorherige Anbieter, für den sie arbeitete, diesen auflösen wollte. „Herr Schmidt kam zu mir und hat mich gefragt, ob ich den Kiosk dann übernehmen will und nach eingehenden Gesprächen mit meinen beiden Kindern habe ich mich dafür entschieden, es zu versuchen“, erklärt Regina.
Mein erster „Kunde“ ist schließlich Frau Kleine-Tebbe – das hatte ich mir natürlich auch entspannter vorgestellt, aber in diesem Punkt
darf ich wohl nicht wählerisch sein. Erst tröpfelnd, dann immer schneller, vergrößert sich die Schlange an hungrigen Schülern und ich bin dankbar, dass mir Regina von der Seite die Preise zuflüstert. Hoffentlich lesen Mathelehrer
die Schülerzeitung nicht.
Ich musste auch nicht lange ran. Nach kurzer Zeit übernimmt Regina wieder und - lag das zuvor etwa an mir? - es dauert nicht lange, bis alle zufriedengestellt sind und mit Brötchen, Brezeln und Pizzabaguette oder auch mit Twix und Balisto in ihre Pause gehen.
Auch, wenn man das mit den Preisen vielleicht nach einigen Tagen raus hat – es ist wesentlich stressiger, in der KAVerne zu arbeiten, als man denken würde und ich für meinen Teil wäre entweder zu inkonsequent und würde alles selber aufessen oder aber ich würde völlig den Überblick verlieren! Woran ich gar nicht gedacht hatte, war das Abwaschen vom Mittagessen. Das muss natürlich genauso gemacht werden. Und wie ich da so mit meinem Abtrockentuch stehe, fühle ich mich in die siebte Klasse versetzt. Gibt es noch den klassenweisen Abwaschdienst an unserer Schule? Unsere Klasse hat den ja damals immer verpasst. Oder diese Küchendienste auf irgendwelchen Ostsee-Jugend-Freizeiten. Spätestens nach diesem Tag jetzt werde ich jedes Mal, wenn ich meinen Teller in der KAVerne nicht leer esse, ein sehr schlechtes Gewissen haben.
Alles in Allem nehme ich einen noch besseren Eindruck aus dem Keller des KAVs mit und nach sechs Jahren Erfahrung mit wechselnden Anbietern ist meine Meinung, dass Regina Viohl definitiv die meiste Liebe in ihre Arbeit steckt und das sieht man auch. Ob sich der Aufwand für sie lohnt, wird sich allerdings erst Ende des Schuljahres zeigen. Ich jedenfalls bin zuversichtlich und wünsche ihr alles Gute, denn auch ich vergesse ab und an mein Pausenbrot…