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Zusammenfassung: Die Tyrannis

Die Tyrannis im 6. und 7. Jahrhundert vor Christus am Beispiel der Tyrannis in Athen

Tyrannis im Allgemeinen

Was ist die Tyrannis?

Das Wort Tyrann wurde erst im fünften Jahrhundert vor Christus in das Griechische aufgenommen; es bedeutete ursprünglich Herr und wurde von den Griechen zunächst für einen Alleinherrscher ohne Legitimation verwendet, im Gegensatz zum König, der durch seine Abstammung und die Götter legitimiert zu sein schien. Aristoteles wählte später eine unvoreingenommenere Einstellung, in der die Tyrannis als Alleinherrschaft im Gegensatz zur überlieferten Gesellschaftsordnung bezeichnet wird, während das Königtum sich gerade durch die überlieferte, traditionelle Ordnung rechtfertigen will.

Warum verbreitete sich die Tyrannis?

Die ersten Tyranneien traten zunächst in den wirtschaftlich und militärisch am Weitesten entwickelten Städten auf. In diesen Städten hatte sich eine Schicht reicher Kaufleute und Handwerker gebildet, denen die Adelsfamilien jedoch kaum Rechte einräumten. Zunächst wurden die Adeligen durch ihre militärische Bedeutung als Reiterei geschützt, doch als griechische Kriege mehr und mehr von der normalen Infanterie (den Hopliten) dominiert wurden, verloren sie auch diese Vormachtstellung. Die Hopliten sahen sich zu dieser Zeit noch als Teil des (waffenfähigen) Volkes (altgriechisch demos); zusammen mit Händlern und Handwerkern versuchten sie, sich gegen die Aristokratie aufzulehnen. In dieser Situation stellten sich einzelne Adelige an die Spitze der Revolutionen und wurden - häufig im Einklang mit der Mehrheit der Bevölkerung - Alleinherrscher. Sie stärkten ihre Stellung durch Reformen, die ihre Feinde - die Aristokratie - schwächten und das Volk begünstigten (z.B. Teilung von Großgrundbesitz). Nachdem einige Tyrannen an der Macht waren, ermöglichte ihre Unterstützung auch weitere Tyranneien, die gegen den Willen des Volkes mit Militärgewalt eingerichtet wurden - die Tyrannen versuchten, andere Regierungsformen in ganz Giechenland zu beseitigen. Unterstützt wurden sie dabei von den Persern, die allen griechischen Städten in Kleinasien griechische Tyrannen aufzwangen, die dadurch von Persien abhängig wurden. Viele Tyrannen verstanden es auch, lokale Konflikte genau wie die eben angesprochene allgemeine Entwicklung zu ihrem Nutzun einzusetzen.

Warum brach die Tyrannis zusammen?

Spätestens in der Generation, die auf den ursprünglichen Tyrannen folgte, erlagen viele Alleinherrscher der Versuchung der Macht und trafen für das Volk unverständliche Entscheidungen. Das die Tyrannis darüber hinaus einen Bruch mit der griechischen Tradition darstellte, wurde für viele Tyrannen zum Verhängnis, da das Volk und speziell die Hopliten zunehmend auf die Bedeutung der überlieferten Volksversammlung pochten. Die Tyrannis hatte die Macht der Aristokratie soweit zurückgedrängt, das nur noch ein Hindernis zwischen dem Volk und einer Volksherrschaft (Demokratie) stand - der Tyrann. Der Sturz der ersten Tyrannen verleitete weitere Tyrannen dazu, brutale Polizeistaaten zu errichten, die sie beim Volk völlig verhaßt machten und so ihren Untergang beschleunigten. Die Tyrannis scheint also nur eine Übergangsphase gewesen zu sein, die das endgültige Schicksal der Aristokratie besiegelte und der Volksherrschaft den Weg bereitete. Aufgrund der brutalen letzten Jahrzehnte der großen Tyranneien, vor allem aber aufgrund späterer, gegen den Volkswillen errichteter Tyranneien wurde die Tyrannis von den Griechen später einhellig als schlechteste aller Regierungsformen bezeichnet. In diesem Zusammenhang spricht man auch von den Älteren Tyranneien des 6. und 7. Jh. vor Christus und den späteren, brutaleren Jüngeren Tyranneien, die fast ausschließlich gegen den Willen des Volkes mit Militärgewalt errichtet wurden.

Methoden der Machterhaltung

Die Tyrannen entwickelten viele Wege, um ihre Macht zu erhalten, was ihnen besonders in den letzten Jahrzentren der Älteren Tyrannis (s.o.) auch immer notwendiger erschien: Sie schützten sich durch ausländische Leibwachen und Söldner und führten Kriege, um ihre Untertanen zu beschäftigen und ihre Bedeutung als oberster Heerführer zu stärken. Auch in der Innenpolitik hetzten sie einzelne Gruppen gegeneinander auf und verboten alle Treffen kleinerer Gruppen, die ja zur Revolutionsplanung dienen könnten. Aristoteles fasste die Grundidee der Tyrannen zusammen, indem er festhielt, dass die Tyrannen sich stets bemühen werden, alles zu wissen, was ihre Untertanen sagen oder tun.

Die Tyrannis in Athen

Die Machtergreifung des Peisistratos

Schon Solon hatte die Athener vergeblich vor dem Adeligen Peisistratos gewarnt, der in der Politik vor allem als Fürsprecher der Bauern und Kleinbürger auftratt. Zweimal versuchte er gewaltsam die Macht zu ergreifen, scheiterte aber am Widerstand des Volkes. Im Exil schloß er Bündnisse mit anderen Tyrannen und baute mit seinem beträchtlichen Vermögen eine Söldnerarmee auf. Zusammen mit Truppen seiner Verbündeten und diesen Söldnern marschierte er 546/545 v. Chr. in Athen ein und behauptete sich dort bis zu seinem natürlichen Tod im Jahr 528/527 v. Chr. als Alleinherrscher. Die Macht bleib danach bis 510 v. Chr. in den Händen seiner Söhne Hipparchos und Hippias.

Die Herrschaft der Peisistraden

Peisistratos stützte sich auch nach seiner Machtergreifung auf Söldner, in deren Reihen nun aber auch Athener aufgenommen wurden. Er belegte den Boden mit einer Ertragssteuer, aber er vergab auch Darlehen an Bauern, um zu verhindern, daß diese von reichen Großgrundbesitzern abhängig wurden. Die Zeit der Tyrannis war in Athen eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs. Eigene Münzen wurden geprägt und besonders unter den Sohnen des Peisistratos setzte eine rege Bautätigkeit ein. Peisistratos und seine Söhne (die Peisistratiden) schützten das Bauerntum. Sie tasteten die politische Ordnung des Solon formal nicht an, stellten aber sicher, daß nur Vertraute des Tyrannen wichtige Ämter erhielten.

Der Sturz der Tyrannis

Durch die Ausdehnung des persischen Reiches verloren die Peisistratiden ihren Besitz (vor allem Goldminen) in Thrakien und die damit verbundenen Einkünfte, so dass die Finanzierung ihrer Söldnertruppen immer schwieriger wurde. Im Jahr 514 v. Chr. ermordeten zwei Adelige aus persönlichen Motiven den älteren Sohn des Peisistratos. Peisistratos jüngerer Sohn Hippias ließ daraufhin alle vermuteten Feinde der Tyrannis verfolgen und verlor seinen Rückhalt in der Bevölkerung. Wichtige Verbündete der Peisistratiden in anderen Stadtstaaten waren bereits gestürzt worden, aber aufgrund seiner Söldner konnte Hippias sich zunächst behaupten. Durch geschickte Intrigen gelang es jedoch der aus Athen verbannten Adeligenfamilie der Alkmeoniden, Sparta zur Intervention zu bewegen. Hippias wurde durch spartanische Truppen abgesetzt und mußte ins Exil gehen. In Athen entbrannte eine Auseinandersetzung zwischen den Wünschen Spartas und den Wünschen der Athener, die durch Kleisthenes zugunsten der attischen Demokratie entschieden werden sollte.