Abruf

JVA Celle - Zukunftstag

Aufgeregt stieg ich in das Auto von Sebastians Eltern, um mit ihnen zur JVA Celle zu fahren. Wir hatten noch keine Ahnung, was uns hinter den dicken Betonmauern erwarten würde. Als wir eine halbe Stunde zu früh an der Außenpforte der Anstalt ankamen, staunten wir ganz schön, wie viele andere Kinder ihren Tag ebenfalls hier verbringen wollten. Doch dann ging es los, nachdem pünktlich um neun auch noch das letzte Kind kam. Zuerst verteilte man uns Karten, damit jeder sehen konnte, dass wir zwischen den angsteinflößenden Gitterstabtüren herumstolpern durften. Dann gingen wir durch die erste Tür. Sie konnte nur durch einen Spezialschlüssel geöffnet werden. Nun konnten wir die unzähligen Röntgenapparaturen sehen, durch die sich die Besucher der Gefangenen hindurchschlängeln mussten. Was für ein Glück, dass wir niemanden besuchen wollten.

Jetzt kamen die ersten Gittertüren, alle 5 Meter kamen sie. Es erinnerte mich an einen schlechten Hollywoodfilm, erfüllte mich aber auch mit Angst. Endlich öffnete sich die letzte Stahltür und gab den Blick auf den Innenhof frei. Es war ein gepflasterter Zwischenraum. Von hier aus konnte man alles sehen: Den alten Teil von 1710 (1716 wurde der erste Gefangene eingewiesen), die Arbeitsräume, die Zellen und die Eingänge. Dann wurden wir zur Zellenbesichtigung geführt. Es war erschreckend, wie klein die Zellen waren: 6m² für mind. 14 Jahre! Doch das war noch nicht das Schlimmste: Die Hochsicherheitszellen, die nur für die sind, die Ärger machen, sind noch wesentlich kleiner und haben nur eine sichere Lampe, 2 feste Kameras, eine Matratze und ein verdunkeltes Fenster. Die Gefangenen, die auch in dieser Zelle Mist machen, werden angekettet, so dass sie sich kein bisschen bewegen können und den ganzen Tag dort liegen, egal, ob sie sich übergeben, essen etc. Nun gingen wir gemeinsam mit den Führern und den 22 anderen Kindern weiter zum Konferenzraum. Hier machten wir die erste Rast mit unserem selbst mitgebrachten Essen. Dort sahen wir den Drogenhund der JVA Celle. Düka war sein Name und er wirkte so gar nicht gefährlich. Der Drogenbeauftragte reichte uns einige sichergestellte, meist selbst gebastelte Pfeifen und dann die dazugehörigen Drogen herum. Einige durften damit auch Teststreifen bestreichen.

Dann mussten wir in die Turnhalle, um waffenlose Selbstverteidigung zu üben. Treten, Schlagen und Handschellen anlegen gehörte auch dazu. Dann kam Düka, um Drogenpartikel aufzuspüren. Erfolgreich, doch dass sie mit voller Kraft in die Tischtennisplatte, in der die Drogen versteckt waren, biss, machte uns ein wenig nervös, da es genauso gut eine Hand oder ein Finger gewesen sein könnte. Doch jetzt hieß es Abschied nehmen von Düka, die wir alle schon ins Herz geschlossen hatten! Nun schauten wir uns die LKW-Einfahrt an. Wir mussten große Stahltüren durchqueren und als wir ankamen, sollten wir raten, was in einem Karton auf dem Monitor des Röntgenapparats dargestellt war. Jetzt spielten wir eine Art Schnitzeljagd, aber mit Funkgeräten, und die Anweisungen waren, wie es auch bei Profis gemacht werden muss. Nachdem wir das Spiel beendet hatten, gingen wir in die Anstaltskapelle, um dort zu essen, dabei erfuhren wir, dass dieses Essen von Massenmördern gekocht wurde. So schmeckte es auch. Jetzt bekamen wir ein Quiz über die Anstalt, aber jeder erhielt denselben Preis: eine Tasse, gefüllt mit Bonbons. Nun kam die letzte Etappe unseres Rundgangs: der Besuch des Anstaltsmuseums. Dort wurden uns grausige Geschichten erzählt, über Geiselnahmen, Morde etc. Beeindruckend waren die Waffen, Pfeifen und Drogenverstecke. Zum Beispiel dienten Holzplatten, Bilder und technische Geräte als Drogenverstecke. Waffen bauten sie aus allen möglichen Dingen. Den Zugriff darauf hatten sie durch ihre handwerklichen Arbeiten. Auch ausgestellt wurden frühere Foltermethoden, z.B. die Folterwiege, sie dient, wie der Name schon sagt, zur Folter. Man legt den Verdächtigen halbnackt in eine schwingbare Badewanne mit Eisenspitzen und schaukelt sie, bis er redet. Eine andere Methode war der Prügelblock mit der siebenschwänzige Katze: Man peitscht den Verdächtigen einfach, bis er etwas preisgibt. Ebenfalls ausgestellt waren nachgebaute Schlüssel. Nun ging es an den Rückweg. Wir passierten wieder den Innenhof und die vielen Gittertüren und warfen einen letzten Blick auf die dicken Wände. Und kamen eine halbe Stunde zu spät an der Außenpforte an, wo schon unsere Eltern warteten. Sogleich stichelten sie: Na, wie war's? Aber da gab es eine Menge zu erzählen!