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Unsere Gesellschaft - schon fast ein dystopischer Roman

Bevor man diesen Bericht liest, sollte man verstehen, was der Begriff „Dystopie“ bedeutet. Wikipedia beschreibt ihn so: „Eine Dystopie […], auch Anti-Utopie genannt, ist ein Gegenbild zur positiven Utopie, der Eutopie, und ist in der Literaturwissenschaft eine fiktionale, in der Zukunft spielende Erzählung mit negativem Ausgang. […]“ Ja, so in etwa kann man diesen Begriff erklären. Der Begriff wird meistens auf die Zukunft (beispielsweise in der Literatur) bezogen und so interessieren Dystopien eine Vielzahl von Lesern. Doch gleicht unsere heutige Gesellschaft einer Dystopie oder entwickeln wir uns zu einer solchen? Diese Fragen wird dieser Bericht vielleicht beantworten und vielleicht wird er auch neue Fragen aufwerfen.

Doch schauen wir uns zuerst ein Beispiel an, welches vielen von euch bekannt sein dürfte: das Land „Panem“ aus „Die Tribute von Panem“. In Panem leben die obersten Gesellschaftsschichten im sogenannten Kapitol. Zu der obersten Gesellschaftsschicht gehören auch Politiker und das Oberhaupt Panems: der Präsident. Hier leben alle Bewohner im Luxus und sind verschwenderisch.

Das krasse Gegenteil dazu sind die 12 Distrikte, früher 13. Jeder einzelne ist auf einen Wirtschaftszweig spezialisiert, doch die meisten geernteten oder abgebauten Ressourcen dürfen die Bewohner und Arbeiter nicht behalten, sie müssen sie an das Kapitol abgeben. So herrscht in vielen Distrikten Armut. Jedoch sind die Bewohner aus den ersten Distrikten wohlhabender als die aus den letzten Distrikten.

Um die Bewohner in Schach zu halten, werden Friedenswächter aus dem Kapitol und aus Distrikt 2 in weitere Distrikte geleitet. Dort sind sie Ordnungshüter. Auch die Hungerspiele sollen dazu beitragen, die Bevölkerung in Schach zu halten. Sie sollen zeigen, dass sich eine Rebellion nicht lohnen würde, denn in den Spielen führt das Kapitol seine Macht vor: Alle „Tribute“ – sie werden in den Distrikten gelost, aber nicht im Kapitol – außer einem müssen sterben.

Nun müssen wir die Verbindung zu unserer scheinbar nicht so „krassen“ Gesellschaft herstellen. Der Aufbau beziehungsweise die Einteilung des Landes ähnelt Deutschland stark: Berlin als Kapitol und natürlich die 15 anderen Bundesländer als Distrikte. Allerdings ist die Eigenschaft, dass alle Bundesländer ihre Ressourcen an Berlin abgeben müssen, nicht vertreten! Waren werden importiert und exportiert.

Unterhaltungstechnisch sind wir noch nicht ganz bei dem angekommen, was die Hungerspiele hergeben. Bei uns geht es in der nationalen Unterhaltung – zum Beispiel durch Medien wie das Fernsehen – noch nicht um Leben und Tod. Doch es gibt Reality-Sendungen, die Aspekte der Hungerspiele beinhalten. Beispiele dafür sind Formate wie Big Brother: Menschen werden den ganzen Tag bei ihren Tätigkeiten beobachtet. Uninteressantes wird weggelassen, teilweise werden Szenen so zugeschnitten, dass Publikumslieblinge und natürlich die, die verbal und nonverbal „gehatet“ werden, öfter vorkommen. Auch das allseits bekannte „Dschungelcamp“ ähnelt den Hungerspielen in einem Aspekt: Menschen werden im Dschungel (in Panem in einer Freilichtarena) ausgesetzt und verbal (bei den Hungerspielen eher nonverbal) „aufeinander losgelassen“.

Die für uns verrückt wirkende Welt des Kapitols mit den zahlreichen Schönheitsoperationen, gefärbter Haut und gefärbten Haaren, den Festmahlen mit Brechmitteln, damit man mehr essen kann – so weit entfernt ist diese Welt gar nicht. Schon heute gehören Leute, die eine oder mehrere Schönheitsoperationen hinter sich haben, zum Alltag. Und auch Festmahle, bis man nichts mehr schafft, sind nichts Außergewöhnliches. Allerdings gehören Brechmittel nicht dazu. Aber verschwenderisch ist unsere Gesellschaft trotzdem!

Ein anderes Beispiel ist die Gesellschaft aus „Die Bestimmung“. Dort leben Menschen einige Generationen nach der Apokalypse in Chicago. Die „Welt“ ist in fünf Fraktionen geteilt. Je nach Charakterzügen, basierend auf den Ergebnissen eines Tests, wird die jeweils passende Fraktion empfohlen. Jedoch kann letzten Endes jeder selbst entscheiden.

Tatsächlich kann man diese Form der Gesellschaft auf etwas beziehen, das jeden von uns interessieren dürfte beziehungsweise in der 4. Klasse interessiert hat: die Wahl der Schulform. Auch hier entscheidet man, in welche Richtung man „gelenkt“ wird, kann seine Entscheidung jedoch rückgängig machen. Traurigerweise gibt es Vorurteile gegenüber Gymnasiasten, Oberschülern und anderen, doch diese treffen oft gar nicht zu. Auch bei den Fraktionen gibt es typische Charakterzüge, die aber fast immer zutreffen.

Fazit: Dystopien sind also nicht ganz so realitätsfern, wie man denken könnte. Es lassen sich Parallelen zu unserer heutigen Gesellschaft herstellen und auch manche Verhaltensweisen sind verblüffend ähnlich.